Ratgeber: General- und Vorsorgevollmacht mit Betreuungs- und Patientenverfügung

Notare Pinneberg · Mallick Reski Partner

I. Einleitung

Allgemein bekannt sein dürfte, dass durch testamentarische Regelungen der "letzte Wille" für die Zeit nach dem Tod verbindlich niedergelegt werden kann. Weit weniger geläufig ist jedoch die Möglichkeit, für die Zeit "vor dem Tod" Vorkehrungen zu treffen für den Fall, dass man (z.B. wegen seniler Demenz oder wegen eines unfallbedingten Koma-Zustands) nicht mehr in der Lage ist, einen eigenen Willen zu bilden und umzusetzen. Über diese Möglichkeiten soll der vorliegende Ratgeber einen ersten Überblick geben.

Die Ausführungen behandeln zunächst in Abschnitt I das "gesetzlich vorgesehene Modell der Betreuung", das durch die in diesem Ratgeber vorgestellten Vorkehrungen ersetzt und überflüssig wird. In Abschnitt II wird die Betreuungsverfügung im eigentlichen Sinn erläutert, in Abschnitt III die im Zentrum der Überlegungen stehende sogenannte "Generalvollmacht / Vorsorgevollmacht". Abschnitt IV befasst sich schließlich mit der sogenannten "Patientenverfügung"

Inhaltsverzeichnis
Das gesetzlich vorgesehene Modell der Betreuung
Betreuungsverfügung
Generalvollmacht / Vorsorgevollmacht
Patientenverfügung
Abschließende Hinweise

II. Das gesetzlich vorgesehene Modell der Betreuung

Fehlt einer volljährigen Person die Geschäfts- und/oder Einsichtsfähigkeit zumindest teilweise, ist sie betreuungsbedürftig, so dass ihr (auch ohne ihren Antrag, also von Amts wegen) ein sogenannter "Betreuer" bestellt wird (§ 1814 BGB). Sofern Angehörige bereit und in der Lage sind, das Amt eines Betreuers zu übernehmen, werden diese in aller Regel zum Betreuer bestellt.

Entgegen einer häufig anzutreffenden Fehlvorstellung ermächtigt jedoch die bloße Angehörigeneigenschaft für sich zu keinerlei Handlungen oder Erklärungen für den Betroffenen, d.h. bis zu einer formellen Bestellung zum Betreuer ist der Betreute in vielen wichtigen Bereichen zunächst rechtlich handlungsunfähig. Ob tatsächlich ein Angehöriger zum Betreuer bestellt wird, entscheidet dann letztlich das zuständige Amtsgericht.

Der Betreuer übernimmt im Rahmen des ihm übertragenen Aufgabenkreises, der für jeden Einzelfall festzulegen ist, ähnlich dem Vormund für ein minderjähriges Kind, die Rolle eines gesetzlichen Vertreters (in gleicher Weise wie Eltern ihr minderjähriges Kind vertreten können), § 1823 BGB. Die Bestellung des Betreuers erfolgt durch das Betreuungsgericht, das auch zahlreiche besonders weitreichende oder risikobehaftete Rechtsgeschäfte (z. B. Grundstücksveräußerungen, Einwilligung in risikobehaftete Operationen etc.) genehmigen muss. Bei Geschäften zwischen dem Betreuer und dem Betreuten muss ein Ergänzungspfleger oder ein weiterer Betreuer bestellt werden, was häufig zu langwierigen Entscheidungsprozessen führen kann. Der Betreuer ist gegenüber dem Betreuungsgericht berichtspflichtig und hat ein Vermögensverzeichnis zu errichten. Bestimmte Rechtsgeschäfte, etwa Schenkungen (auch an Kinder des Betreuten in vorweggenommener Erbfolge!) kann er gar nicht vornehmen. Sofern es sich um einen Berufsbetreuer (z. B. Rechtsanwalt) oder einen Amtsbetreuer bzw. Vereinsbetreuer (Mitglied eines Betreuungsvereins) handelt, erhält er für die Wahrnehmung der Betreuungsaufgaben eine Vergütung. Der Betreuer erhält nach seiner "Vereidigung" einen sogenannten "Betreuerausweis", den er bei Rechtsgeschäften aller Art zum Beweis seiner Vertretungsmacht vorlegen muss und in dem auch etwaige Befristungen sowie der Umfang seiner Betreuungsbefugnis niedergelegt sind (Beispiel: Vermögenssorge, Bestimmung des Aufenthaltsorts, Gesundheitsfürsorge, Postüberwachung etc.).

Derzeit sind bereits über eine Million Betreuungsverfahren anhängig. Die Gerichte sind dadurch in hohem Maße belastet. Gemäß § 1814 Abs. 3 BGB ist die Anordnung einer Betreuung dann nachrangig, wenn zuvor über die eigene Vorsorge Bestimmungen getroffen worden sind. Durch eine solche Bestimmung wird die Vorsorge für den Fall der eigenen Geschäftsunfähigkeit oder Handlungsunfähigkeit "privatisiert" mit der Folge, dass ein staatliches Betreuungsverfahren nicht mehr stattfinden muss.

Der Betroffene hat es vielmehr selbst in der Hand zu entscheiden, wer und in welcher Weise und in welchem Umfang für ihn tätig werden soll.


III. Betreuungsverfügung

Als Ausfluss der vorrangig zu beachtenden eigenen Vorsorge ermöglichen es § 1816 Abs. 2 und § 1821 Abs. 2 und 3 BGB sowohl hinsichtlich der Person des auszuwählenden Betreuers als auch hinsichtlich der Maßnahmen, die der Betreuer treffen soll, Bestimmungen zu treffen, die das Betreuungsgericht und den Betreuer binden. Eine Abweichung ist nur dann gestattet, wenn diese Anweisungen dem Wohl des Betreuten zuwiderlaufen oder anzunehmen ist, dass er an ihnen nicht mehr festhalten würde. Eine solche Betreuungsverfügung kann beispielsweise die Benennung der Person enthalten, die zum Betreuer bestellt werden soll, bzw. eine Ersatzperson, die dann zu berufen ist, wenn der "Wunschkandidat" zur Übernahme des Ehrenamts einer Betreuung nicht in der Lage oder bereit ist. Inhaltlich können Anweisungen enthalten sein, beispielsweise zur Wahl des Pflegeheims, in das der künftig zu Betreuende aufgenommen werden möchte, zur Ausgestaltung des Lebensalltags, zu finanziellen Fragen (Beibehalten des bisherigen Lebensstandards / der bisherigen Spendenpraxis etc.), zur Auflösung der Wohnung (Möbelübergabe an bestimmte Personen?) und zur Art und Weise der medizinischen Behandlung. Einer bestimmten Form bedarf die Betreuungsverfügung nicht. Sie kann beim örtlich zuständigen Betreuungsgericht in Verwahrung genommen werden und muss dann zumindest schriftlich sein. Wenn Betreuungsverfügungen zusammen mit einer notariellen Vorsorgevollmacht (hierzu sogleich nachstehend IV.) getroffen werden, werden sie jedoch in aller Regel notariell mitbeurkundet.


IV. General- und Vorsorgevollmacht

Anders als die vorstehend vorgestellte "Betreuungsverfügung" macht die "General- und Vorsorgevollmacht" im eigentlichen Sinn die Anordnung einer (rechtlich stärker mit Eingriffen versehenen) Betreuung jedenfalls für den in der Vollmacht geregelten Bereich insgesamt entbehrlich, solange der Bevollmächtigte die ihm übertragenen Befugnisse auch tatsächlich und ausreichend wahrnimmt. Die General- und Vorsorgevollmacht ermächtigt also eine Person Ihres Vertrauens, an Ihrer Stelle und (bis auf wenige Ausnahmen) auch ohne Einschaltung des Gerichts diejenigen Maßnahmen vorzunehmen, die Sie in der Vollmacht benennen. Es versteht sich von selbst, dass eine General- und Vorsorgevollmacht nur dann gerechtfertigt ist, wenn an der Integrität und Zuverlässigkeit des Bevollmächtigten keinerlei Zweifel bestehen. Ist eine solche Person, im Familien- oder Freundeskreis vorhanden, ist eine solche "General- und Vorsorgevollmacht" regelmäßig die zu empfehlende Variante, um entsprechende Vorsorge zu treffen.

1. Form der Vollmacht

Eine gesetzliche Formvorschrift für General- und Vorsorgevollmachten besteht nicht, sie sollte aus Beweisgründen zumindest schriftlich erteilt werden. Sofern die Vollmacht jedoch auch zur Verfügung über Grundbesitz berechtigt, über GmbH-Geschäftsanteile oder zu sonstigen Maßnahmen, bei denen die notarielle Beurkundung oder Beglaubigung vorgeschrieben ist (z.B. Anmeldungen zum Handelsregister, Ausschlagung einer Erbschaft), muss sie notariell beglaubigt oder (wenn die Vollmacht besonders weitreichend ausgestaltet ist, z.B. nur eingeschränkt widerruflich oder mit der Befugnis zum In-sich-Geschäft versehen, also unter Ausschluss des § 181 BGB erteilt) gar notariell beurkundet sein. Auch wenn die notarielle Beurkundung nicht gesetzlich vorgeschrieben ist, ist eine Beurkundung gleich in mehrfacher Hinsicht sinnvoll. So gelten für beurkundete Vollmachten bestimmte Erleichterungen (sie berechtigen z.B. zum Abschluss eines Verbraucherdarlehens, etwa um eine Pflegekraft bezahlen zu können, auch ohne die Mindestangaben des § 492 BGB in der Vollmacht. Gebührenunterschiede ergeben sich zwischen der beurkundeten und der lediglich beglaubigten Form nicht, sofern der Text jeweils durch den Notar gefertigt wird, so dass in aller Regel die Form der Beurkundung gewählt wird, bei welcher der gesamte Text nochmals vorgelesen und erläutert wird. Zugleich ist im Rahmen der notariellen Beurkundung auch eine Aussage des Notars über die Geschäftsfähigkeit des Vollmachtgebers enthalten, so dass es schwerer fallen dürfte, die Wirksamkeit der Vollmacht zu bestreiten.

2. Umfang der Vollmacht

Zu unterscheiden ist das Tätigwerden des Bevollmächtigten im sogenannten "rechtsgeschäftlichen Bereich", den man klassischerweise mit einer Vollmacht in Verbindung bringt (Beispiel: Bankvollmacht, Vollmacht zum Abschluss von Verträgen, Auftreten vor Gericht etc.) - einerseits - und "in höchstpersönlichen Entscheidungen" der Gesundheitsfürsorge, z. B. die Einwilligung in Operationen oder riskante Medikamentenbehandlung, die Entscheidung über den Aufenthaltsort, die Einweisung in ein Altenheim, etc. andererseits.

Seit 1999 kann eine Vorsorgevollmacht für beide Bereiche erteilt werden (also – vereinfacht gesprochen - sowohl die Vermögenssorge als auch die Personensorge umfassen). Während im Bereich der Vermögenssorge, also für rechtsgeschäftliche Erklärungen, eine pauschale Bevollmächtigung ausreicht, also auch eine sogenannte "Generalvollmacht" erteilt werden kann, die für alle Rechtsgeschäfte gilt, bei denen überhaupt eine Stellvertretung möglich ist (beispielsweise also nicht für die Errichtung eines Testaments oder für die Eheschließung!), muss im Bereich der Personen- und Gesundheitssorge der Umfang zumindest hinsichtlich besonders gravierender Maßnahmen (die Einwilligung, die Nichteinwilligung oder der Widerruf der Einwilligung in eine Untersuchung des Gesundheitszustands, in Heilbehandlungen oder in ärztliche Eingriffe jeglicher Art, wenn die begründete Gefahr besteht, dass der Betreute aufgrund der Maßnahme stirbt oder einen schweren und länger dauernden gesundheitlichen Schaden erleidet; die Unterbringung, die mit Freiheitsentziehung verbunden ist; die Einwilligung in eine ärztliche Zwangsmaßnahmen) ausdrücklich festgelegt werden, vgl. § 1820 Abs. 2 BGB. Für Maßnahmen mit freiheitsentziehendem Charakter und zu potentiell gefährlichen ärztlichen Eingriffen (wohl auch für den umgekehrten Fall der Einstellung lebensverlängernder Maßnahmen) bedarf übrigens auch der Bevollmächtigte der gerichtlichen Genehmigung. Im Übrigen ist er aber, sofern keine inhaltlichen Beschränkungen aufgenommen wurden, frei, kann also auch Schenkungen vornehmen und Verzichte aussprechen.  General- und Vorsorgevollmachten decken sowohl den rechtsgeschäftlichen als auch den gesundheitlichen Bereich ab, zumal beide in der Praxis kaum zu trennen sind (Beispiel: Entscheidung über die Heimunterbringung = gesundheitliche Fürsorge, Abschluss des Heimvertrags = rechtsgeschäftliche Maßnahme).

3. Außenverhältnis / Innenverhältnis

Die Vollmacht regelt ihrer Natur nach lediglich das sogenannte "Außenverhältnis", d.h. die Frage, ob jemand für einen anderen nach außen hin rechtswirksam handeln kann. Davon zu unterscheiden ist jedoch das "Innenverhältnis", d. h. das rechtliche "Dürfen": In welcher Weise der Bevollmächtigte von der Vollmacht Gebrauch machen soll, kann ebenfalls im gleichen Dokument (als "Auftrag") festgeschrieben werden, wobei aber klargestellt werden sollte, dass es sich nicht um eine Beschränkung im Außenverhältnis handelt, die vom Geschäftspartner zu überprüfen wäre. Dadurch würde nämlich die Vollmacht ihrem tatsächlichen Gebrauch nach entwertet.

Beispiel: Die Anweisung, von der Vollmacht nur dann Gebrauch zu machen, wenn der Vollmachtgeber nicht mehr in der Lage ist, für sich selbst zu sorgen, würde - wenn sie als Beschränkung im Außenverhältnis aufgenommen wäre - von einem außenstehenden Dritten, dem Geschäftspartner, praktisch nicht zu prüfen sein, so dass er wegen Zweifeln über die Wirksamkeit der Vollmacht die Vollmacht wohl zurückweisen müsste.

Sofern die Vollmacht daher Anweisungen für das Innenverhältnis enthält, sollte ausdrücklich klargestellt werden, dass diese Anweisungen ausschließlich das Innenverhältnis betreffen und die Vollmacht im Außenverhältnis nicht beschränken.

4. Inhaltliche Ausgestaltung

Im Text der Vollmacht sollte geregelt sein, ob diese über den Tod des Vollmachtgebers hinaus gilt (sogenannte "transmortale"" oder "postmortale" Vollmacht) oder nicht. Die Fortgeltung über den Tod hinaus ist sinnvoll, um "Sofortmaßnahmen" nach dem Ableben zu ergreifen, z. B. die Beerdigung organisieren zu können, schon bevor der Erbschein erteilt oder das notarielle Testament eröffnet ist. Außerdem sollte zu der Frage Stellung genommen werden, ob die Vollmacht nur höchstpersönlich ausgeübt werden soll, oder ob der Bevollmächtigte sogenannte "Untervollmachten" an andere Personen erteilen darf.  Die Berechtigung zur Erteilung von Untervollmachten ist z.B. dann erforderlich, wenn der Bevollmächtigte für den Vollmachtgeber einen Rechtsanwalt, Steuerberater oder Notar beauftragen muss. Schließlich sollte zur Frage eines Ersatz-Bevollmächtigten Stellung genommen werden, der dann tätig werden darf, wenn der Haupt-Bevollmächtigte stirbt oder erklärt, die Vollmacht nicht mehr ausüben zu wollen. Denkbar ist schließlich, mehrere Personen gleichberechtigt zu Bevollmächtigten zu bestellen dergestalt, dass jeder einzeln handeln kann, oder aber dergestalt, dass beide immer oder für bestimmte Arten von Geschäften nur gemeinsam handeln können (was zwar ein hohes Maß an Kontrolle ermöglicht, aber natürlich zu größerer Schwerfälligkeit führt). Schließlich ist zu prüfen, ob die Vollmacht widerruflich erteilt wird oder der Widerruf zumindest für eine gewisse Zeit ausgeschlossen ist. Dem Vertrauenscharakter der Vollmacht entspricht es, die freie Widerruflichkeit zuzulassen, die auch vom Gesetz vermutet wird. Der Vollmachtgeber muss allerdings dann darauf achten, dass ihm der Bevollmächtigte die "außer Kraft getretene" Vollmachtsausfertigung im Original zurückreicht, da sonst bei Vorlegen der Ausfertigung gegenüber gutgläubigen Dritten die Vollmacht als fortbestehend gilt. Der Rechtsverkehr wird also geschützt hinsichtlich seines Vertrauens auf die Existenz der Vollmacht selbst, solange eine Vollmachtsurkunde in Urschrift oder Ausfertigung (beglaubigte Abschrift oder einfache Abschrift genügen nicht!) vorgelegt wird, es sei denn, der Geschäftspartner weiß positiv, dass die Vollmacht widerrufen wurde.

Merke: Kreditinstitute verlangen häufig sogenannte "Außenvollmachten", d. h. unmittelbar der Bank gegenüber erteilte und dort verwahrte Vollmachtsdokumente. Diese haben aus Sicht der Bank den Vorteil (§§ 167,171 BGB), dass sie nur in derselben Weise, wie sie erteilt wurden, widerrufen werden können, also unmittelbar gegenüber der Bank. Die Bank kann dann Verfügungen mit Hilfe von Schecks oder EC-Karten solange dulden, als die Vollmachtsurkunde bei der Bank vorhanden ist. Wird dies gewünscht, sollte vorsorglich bereits die Erteilung einer weiteren Ausfertigung der Vollmacht zur Direktverwahrung bei der Bank vereinbart werden. Sie sollten deshalb klären, ob Ihre Bank eine solche gesonderte Vollmacht für erforderlich erachtet.

Weiterhin ist auch Vorsorge für den Fall zu treffen, dass die Ausfertigung (ohne widerrufen zu sein) verloren geht. Hierzu sollte der Notar ermächtigt werden, dem Bevollmächtigten weitere Ausfertigungen zu erteilen.  

5. In-Kraft-Treten der Vollmacht

Bei sehr hohem Vertrauen in die Zuverlässigkeit des Bevollmächtigten begegnet es keinen Bedenken, die Vollmacht sofort in Kraft treten zu lassen. Der Vollmachtgeber muss sich allerdings bewusst sein, dass in diesem Fall der Bevollmächtigte jederzeit in seinem Namen handeln kann, auch ohne dass der Vollmachtgeber dies erfährt und ohne dass notwendigerweise der Vollmachtgeber selbst dazu nicht mehr in der Lage wäre. Es kann sogar zu widersprechenden Verfügungen kommen. Als Mittelweg wird daher häufig gewählt die sofortige Erteilung einer Ausfertigung auf den Namen des Bevollmächtigten, allerdings zu Händen des Vollmachtgebers, so dass sie noch in dessen Einflussbereich verbleibt, solange bis dieser den Zeitpunkt für gekommen erachtet, die Vollmacht durch Aushändigung in Kraft treten zu lassen.

Sie erhalten von uns für jeden Bevollmächtigten jeweils eine Ausfertigung zu Ihren Händen. Wir empfehlen Ihnen, dem/den Bevollmächtigten erstmal nur eine Kopie der Vollmacht auszuhändigen, mit einem Hinweis zum Aufbewahrungsort der Ausfertigung(en). Sie sollten die Ausfertigung(en) daher an einem Ort aufbewahren, der auch für den Bevollmächtigten leicht zugänglich ist.

6. Notarkosten

Die Kosten einer notariell beurkundeten Vorsorgevollmacht sind überschaubar. Sie richten sich nach dem "Geschäftswert", also bei rechtsgeschäftlichen Vollmachten nach dem Wert des reinen Aktivvermögens ohne Berücksichtigung etwaiger Verbindlichkeiten. Maximal darf aber nur die Hälfte des Aktivvermögens als Geschäftswert angesetzt werden.

Die nachfolgende Tabelle soll einen kurzen Überblick über die ungefähr zu erwartenden Kosten (einschließlich Auslagen und Umsatzsteuer) für eine General- und Vorsorgevollmacht mit Betreuungs- und Patientenverfügung je Vollmachtgeber geben:

Geschäftswert (= Hälfte des Aktivvermögen)

Notarkosten inkl. Auslagen + USt. (ca.) (1,0-Gebühr auf die Hälfte des Vermögens)

50.000 € (= Aktivvermögen von 100.000 €) 374 €
100.000 € (= Aktivvermögen von 200.000 €) 509 €
200.000 € (= Aktivvermögen von 400.000 €) 807 €
500.000 € (= Aktivvermögen von 1.000.000 €) 1.461 €

Höchstwert) 1.000.000 € (= Aktivvermögen von 2.000.000 €).

2.446 €

Vergleicht man diese Notargebühren mit den Kosten eines ohne Vorsorgevollmacht im Bedarfsfall erforderlichen gerichtlichen Betreuungsverfahrens, so sind die Kosten für eine notarielle Vorsorgevollmacht in den meisten Konstellationen erheblich günstiger.

7. Registrierung im Zentralen Vorsorgeregister

Um insbesondere den Betreuungsgerichten die Möglichkeit zu geben, rasch Gewissheit über die Existenz einer Vorsorgevollmacht zu erlangen, hat die Bundesnotarkammer (Bundesnotarkammer: Mohrenstr. 34, 10117 Berlin; Zentrales Vorsorgeregister der Bundesnotarkammer: Kronenstraße 42, 10117 Berlin) seit Sommer 2003 aufgrund gesetzlicher Ermächtigung ein elektronisches Register aufgebaut, in welchem die Daten des Vollmachtgebers und der Bevollmächtigten gespeichert werden. Diese Option ist uneingeschränkt zu empfehlen. Seit dem 01.01.2023 können zudem behandelnde Ärzte Einblick in das Register nehmen.

Für die Registrierung im Zentralen Vorsorgeregister wird eine rein aufwandsbezogene Gebühr erhoben. Sie fällt nur einmal an und deckt die dauerhafte Registrierung und Erteilung von Auskünften an die Betreuungsgerichte ab.

Die Gebühr beträgt für Internet-Meldungen durch Privatpersonen grundsätzlich EUR 23,00. Wird einer Teilnahme am Lastschriftverfahren zugestimmt beträgt die Gebühr EUR 20,50. Wird mehr als ein Bevollmächtigter registriert, fallen für jeden weiteren Bevollmächtigten zusätzlich EUR 3,50 an. Bei postalischen Anmeldungen durch Privatpersonen erhöhen sich die Gebühren um EUR 3,00. Der Zuschlag für jeden weiteren Bevollmächtigten erhöht sich um EUR 0,50 auf EUR 4,00.

Bei einer Meldung über institutionelle Nutzer des Registers (z.B. Notare, Rechtsanwälte, Betreuungsvereine oder Betreuungsbehörden) können geringere Gebühren anfallen.

In das Register können Angaben zur Art der Verfügung, Name und Anschrift von Vollmachtgebern und Bevollmächtigten, Ersatzbevollmächtigten und Urkundenverzeichnisnummer erfasst werden. Die persönlichen Daten dieser Personen werden im Register elektronisch gespeichert. Das Register kann von allen Betreuungsgerichten und behandelnden Ärzten über eine passwortgeschützte Anfrage über das Internet eingesehen werden. Hierdurch ist gewährleistet, dass eine Nachfrage beim Register selbst im eiligsten Fall möglich ist und daher die Anordnung unnötiger Betreuungen oder die Bestellung nicht gewünschter Personen als Betreuer vermieden wird.

Nach Abschluss der Registrierung einer Vorsorgeurkunde versendet die Bundesnotarkammer an Sie kostenfrei die ZVR-Card zur Dokumentation der Eintragung im Zentralen Vorsorgeregister. Dabei handelt es sich um eine Plastikkarte im Scheckkartenformat für Ihr Portemonnaie.

Wenn es zu Notsituationen kommt, benötigen die Ärzte und Behörden die Telefonnummern Ihrer Bevollmächtigten. Und Ihre Bevollmächtigten müssen die für sie bestimmten Ausfertigungen der Vollmachtsurkunde auffinden können. Denn nur durch Vorlage ihrer jeweiligen Ausfertigung können sie sich legitimieren und Ihrem in der Vollmachtsurkunde geäußerten Willen Geltung verschaffen.

In dieser Situation ist die Vorsorge-Card eine sinnvolle Hilfe:

Auf der Rückseite der Vorsorge-Card können die Namen und Telefonnummern von zwei Vertrauenspersonen, der Aufbewahrungsort der Urkunde und die wesentlichen Inhalte der Registereintragung vermerkt werden. Dafür können Sie einen Kugelschreiber oder Permanentstift verwenden. Es bietet sich an, die Vorsorge-Card stets bei sich zu tragen.

Die Vorsorge-Card hat nur die vorbeschriebenen Zwecke. Wenn Sie die Vollmacht widerrufen oder die Bevollmächtigten ändern wollen, genügt es natürlich nicht, die Vorsorge-Card zu ändern. Bitte wenden Sie sich in diesem Fall erneut an Ihren Notar. Die Vollmachtsurkunde muss dann entsprechend geändert und bereits ausgehändigte Ausfertigungen müssen aus dem Verkehr gezogen werden. Außerdem wird der Notar den Widerruf oder alle Änderungen der Vollmacht dem Zentralen Vorsorgeregister melden und Ihnen nach der Registrierung eine neue Vorsorge-Card zur Verfügung stellen, die Sie mit den neuen Daten ausfüllen können.

Der Eintragung im Zentralen Vorsorgeregister kommt keine sogenannte "Rechtsscheinwirkung"" nach § 170 ff. BGB zu, d. h. sie ersetzt nicht eine tatsächlich bereits widerrufene Vollmacht. Aus diesem Grund ist es zwar ratsam, aber rechtlich nicht zwingend, die Daten nicht mehr bestehender Vollmachten löschen zu lassen.


V. Patientenverfügung

Das Recht zur Selbstbestimmung über den eigenen Körper gehört zum Kernbereich der grundgesetzlich geschützten Würde und Freiheit des Menschen. Dies gilt auch und gerade am Lebensende und schützt in Grenzsituationen des Lebens vor Fremdbestimmung.

1. Sinn einer Patientenverfügung

Jede in die körperliche Integrität des Patienten eingreifende ärztliche Maßnahme, mag sie auch der Lebenserhaltung oder Lebensverlängerung oder der Palliativ-Medizin dienen, bedarf der Einwilligung, sonst stellt sie tatbestandlich eine Körperverletzung dar. Diese Einwilligung ist nur wirksam, wenn der Patient einwilligungsfähig ist und er durch den Arzt hinreichend über medizinische Bedeutung und Tragweite der geplanten Maßnahme und alternative Behandlungsmöglichkeiten sowie die Konsequenzen eines Verzichts aufgeklärt worden ist. Zur Einwilligungsfähigkeit bedarf es nur der natürlichen Einsichts-, Urteils- und Steuerungsfähigkeit, so dass auch Minderjährige und Betreute möglicherweise je nach der Art der Maßnahme einwilligungsfähig sein können. Die Einwilligung muss sowohl für die Einleitung als auch für die Fortführung einer Therapie vorliegen. Ihr Widerruf ist jederzeit möglich. Der Patient kann daher auch beispielsweise eine ärztlich indizierte Fortsetzung einer lebenserhaltenden Behandlung ablehnen, und zwar unabhängig davon, ob die Krankheit bereits einen unumkehrbar tödlichen Verlauf genommen hat und der Tod nahe bevorsteht oder nicht. Vorstehendes gilt auch für künstliche Flüssigkeits- und Nahrungszufuhr, z. B. durch die Speiseröhre (Magensonde) oder die Bauchdecke (PEG) oder auf intravenösem Weg, ebenso für die maschinelle Beatmung, die Dialyse oder die Bekämpfung zusätzlich auftretender Krankheiten wie etwa Lungenentzündungen oder andere Infektionen. Lehnt der Patient diese Behandlungen im einwilligungsfähigen Zustand nach Aufklärung (bzw. Aufklärungsverzicht) ab, tritt an die Stelle der lebenserhaltenden Behandlung ein palliatives ärztliches und pflegerisches Versorgungsangebot (Hilfe bei der Nahrungs- und Flüssigkeitsaufnahme, gegebenenfalls fachgerechte Pflege von Mund und Schleimhäuten, menschenwürdige Unterbringung, Zuwendung, Körperpflege, Lindern von Schmerzen, Atemnot, Übelkeit und anderen belastenden Symptomen).

Ist der Patient aber in einer Behandlungssituation nicht mehr fähig, wirksam den Willen zur Verweigerung seiner Einwilligung zu bilden oder aber einen solchen Willen zu kommunizieren, muss der mutmaßliche Wille des Patienten ermittelt werden. Im Zweifel sind Ärzte dann verpflichtet, die Behandlung fortzusetzen, weil dem Recht auf Leben der absolute Vorrang einzuräumen ist.

Aufgrund dieser ärztlichen Behandlungspflicht befürchten viele Menschen, zum Spielball lebensverlängernder Möglichkeiten der Medizin zu werden, wenn sie selbst nicht mehr in der Lage sind, ihren Willen zum Behandlungsabbruch kundzutun. Sie sorgen sich vor "Über-Therapie". Aus ihrer Sicht steht häufig der Möglichkeit einer Lebensverlängerung kein Vorteil an akzeptabler Lebensqualität gegenüber. Genau in solchen Fällen ist eine sogenannte "Patientenverfügung" ratsam. Hat der Patient, der im Zeitpunkt der ärztlichen Behandlung nicht mehr einwilligungsfähig ist, eine wirksame frühere Willensbekundung abgegeben, gilt diese fort, falls keine konkreten Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass diese widerrufen worden ist. Das zuvor wirksam ausgeübte Selbstbestimmungsrecht bindet auch den Betreuer oder etwaige Vorsorgebevollmächtigte; diese haben dem Patientenwillen Ausdruck und Geltung zu verschaffen (sofern nicht die Vollmacht ausdrücklich dem Bevollmächtigten anheimstellt, davon abzuweichen, wenn er der Überzeugung ist, dass dies dem Willen des Einwilligungsunfähigen eher entspreche). Die bindende Natur der Patientenverfügung für Betreuer und Arzt hat der 12. Senat des Bundesgerichtshofs im Grundsatzurteil vom 17. März 2003 (NJW 2003, 1588) ausdrücklich festgestellt und zugleich betont, es sei keine regelmäßige Wiederholung erforderlich.

Selbstverständliche kann in einer Patientenverfügung umgekehrt auch verfügt werden, dass der Patient so lange wie möglich am Leben bleiben möchte, das neue Medikamente an ihm ausprobiert werden dürfen etc..

Betreuer, Vorsorgebevollmächtigte, Ärzte und Pfleger handeln bei Befolgung einer eindeutigen und wirksam abgegebenen Patientenverfügung ohne strafrechtliches Risiko.

2. Inhalt einer Patientenverfügung

Die Inhalte einer Patientenverfügung sind mannigfaltig. In einer Patientenverfügung kann für jeden medizinischen Eingriff und auch für bestimmte Krankheitsbilder und auftretende Komplikationen ein spezifischer Behandlungswunsch formuliert werden.

Gerade aus diesem Grund ist eine ärztliche oder fachkundige Beratung durch den Hausarzt, durch Hospizvereine oder Betreuungsstellen empfehlenswert und sollte vor Unterzeichnung einer Patientenverfügung unbedingt in Anspruch genommen werden!

Es ist empfehlenswert, seine Wertvorstellungen mit in die Verfügung aufzunehmen, zumal die Wertvorstellungen und die Motive für die Errichtung einer Patientenverfügung wichtige Mittel zur Auslegung lückenhafter Bestimmungen darstellen können. Erklärungen zur Organspende und zum Einverständnis in eine Obduktion können (müssen jedoch nicht) mit einer Patientenverfügung verbunden werden.

3. Form einer Patientenverfügung

Die Errichtung einer Patientenverfügung ist zwar grundsätzlich formfrei möglich, sie sollte jedoch aus Beweiszwecken schriftlich verfasst, besser aber notariell beglaubigt werden. Um die Umsetzung der Patientenverfügung auch in den Fällen sicherzustellen, in denen der Patient nicht mehr selbst handlungsfähig ist, ist es aus unserer Sicht dringend anzuraten, die Patientenverfügung mit einer notariell beurkundeten Vorsorgevollmacht zu kombinieren.

Wir empfehlen Ihnen, Ihrem behandelnden Arzt, Ihren Vertrauenspersonen sowie Ihren Bevollmächtigten jeweils eine Kopie der Patientenverfügung auszuhändigen mit einem Vermerk, wo sich das Original der Patientenverfügung befindet! Sollte eine Operation anstehen, empfehlen wir, bei Einlieferung in das Krankenhaus vor der OP persönlich eine Kopie an die behandelnden Ärzte zu übergeben.

 

Wir empfehlen Ihnen, den Inhalt Ihrer Patientenverfügung regelmäßig zu überprüfen und ggf. an veränderte persönliche oder gesundheitliche Situationen anzupassen. Zudem sollten Sie das Datum der Überprüfung nebst Unterschrift auf dem Original der Patientenverfügung notieren. Dies zeigt dem behandelnden Arzt, dass die Patientenverfügung nach wie vor Ihrem aktuellen Willen entspricht. 

4. Notarkosten

Die Kosten einer Patientenverfügung sind sehr gering. Bei einer Beglaubigung einer im Notariat im Entwurf vorbereiteten Patientenverfügung fallen Kosten in Höhe von ca. EUR 80,- (ohne General- und Vorsorgevollmacht sowie Betreuungsverfügung!) an.


VI. Abschließende Hinweise

1. Dieser Ratgeber kann nur einige der wichtigsten Punkte schlagwortartig ansprechen. Für zusätzliche rechtliche Erläuterungen stehen der Notar oder der Rechtsanwalt zur Verfügung.

2. Dieser Ratgeber wurde mit größter Sorgfalt erstellt; gleichwohl kann für dessen Inhalt und die Richtigkeit der getroffenen Aussagen keine Gewähr übernommen werden.


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Als Notare in Pinneberg beraten wir Sie gern zur General- und Vorsorgevollmacht mit Betreuungs- und Patientenverfügung. Nehmen Sie einfach Kontakt zu uns auf. 

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