Ratgeber zum Erbscheinantrag

Notare Pinneberg · Mallick Reski Partner

I. Einleitung

Todesfälle sind für die Angehörigen in vielfacher Hinsicht eine schwere Belastung. Zu der menschlichen Tragödie kommen zahlreiche praktische Probleme, die schnell gelöst werden müssen. Wir wollen Ihnen helfen, die vielen Formalitäten zu vereinfachen und Sie bereits vor Antragstellung über alles Notwendige umfassend informieren.

Der Erbschein bezeugt das Erbrecht des/der Erben, er begründet die widerlegbare Vermutung der Richtigkeit und Vollständigkeit seines Inhalts und schützt durch öffentlichen Glauben den gutgläubigen Dritten bei Geschäften mit den Erben. Hat der Erblasser durch letztwillige Verfügung den oder die Erben bestimmten Beschränkungen unterworfen, werden auch diese in den Erbschein aufgenommen.

Hat der Erblasser ein notarielles Testament oder einen Erbvertrag hinterlassen, ist in der Regel kein Erbschein erforderlich. Grundsätzlich genügt in diesen Fällen eine beglaubigte Abschrift der Verfügung von Todes wegen mit Eröffnungsprotokoll als Erbnachweis

Inhaltsverzeichnis  
Wofür wird ein Erbschein benötigt?  
Erbscheinantragsverfahren  
Wer ist antragsberechtigt?  
Angaben und notwendige Unterlagen  
Kosten  
Abschließende Hinweise  

II. Wofür wird ein Erbschein benötigt?

  • Ein Erbschein bescheinigt die Erbenstellung (nicht aber den Anspruch auf einzelne Nachlassgegenstände). 
  • Zur Berichtigung des Grundbuchs, sofern nicht ein notarielles Testament oder ein  Erbvertrag vorliegt, aus welchem die Erbeinsetzung (Bezeichnung der Erben mit Namen und Erbteilen) eindeutig hervorgeht.
  • Zur Auflösung von Sparguthaben, Konten und zur Vorlage bei Versicherungen oder Behörden (hier wird empfohlen, vor Antragstellung mit den jeweiligen Instituten Rücksprache zu nehmen, ob tatsächlich ein Erbschein verlangt wird).
  • Zur Vorlage beim Handelsregister, sofern der Erblasser an einer Firma beteiligt oder Inhaber war.

III. Erbscheinantragsverfahren

Ein Erbschein wird nur auf Antrag vom zuständigen Amtsgericht/Nachlassgericht (örtlich zuständig ist das Gericht, in dessen Bezirk der Erblasser im Zeitpunkt seines Todes seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte, § 343 Abs. 1 FamFG) erteilt. Die Erteilung des Erbscheins kann über einen Notar oder persönlich zu Protokoll beim Gericht beantragt werden.

Wird ein Erbnachweis zur Verwendung in einem anderen EU-Mitgliedstaat benötigt, besteht die Möglichkeit, ein europäisches Nachlasszeugnis beim Notar oder beim zuständigen Nachlassgericht zu beantragen.


IV. Wer ist antragsberechtigt?

Antragsberechtigt ist jeder Erbe. Sind mehrere Miterben vorhanden kann jeder Erbe die Erteilung eines so genannten gemeinschaftlichen Erbscheins nach § 352a FamFG an sich selbst beantragen. Ein solcher Antrag kann grundsätzlich formfrei von jedem Miterben beim zuständigen Nachlassgericht gestellt werden. Ein Miterbe muss insbesondere nicht die Erlaubnis bei anderen Mitgliedern der Erbengemeinschaft einholen, um einen Antrag auf einen gemeinschaftlichen Erbschein stellen zu können. Ein gemeinschaftlicher Erbschein enthält Angaben zu dem Erbrecht sämtlicher Erben. In dem gemeinschaftlichen Erbschein sind die Erben und grundsätzlich auch die jeweiligen Erbquoten angegeben. Seit dem 17.08.2015 ist aber die Angabe der Erbquoten in einem gemeinschaftlichen Erbschein nicht mehr notwendig, wenn alle Antragsteller in ihrem Antrag auf die Aufnahme der Erbquoten in dem Erbschein verzichtet haben, § 352a Abs. 2 FamFG. Gerade bei komplexeren Nachlässen, bei denen die Ermittlung der einzelnen Erbquoten nur schwer oder unter Zuhilfenahme von Bewertungsgutachten möglich ist, vereinfacht diese gesetzliche Neuerung das Erbscheinverfahren deutlich.

Der Antrag auf Erteilung eines gemeinschaftlichen Erbscheins kann selbstverständlich auch von allen Erben gemeinsam gestellt werden. Tritt aber nur ein Miterbe als Antragsteller auf, dann muss der Antragsteller in seinem Antrag auch angeben, dass die übrigen Erben die Erbschaft angenommen haben.

Die im Rahmen des Erbscheinantrags abzugebende eidesstattliche Versicherung ist bei einem gemeinschaftlichen Erbschein jedenfalls von antragstellenden Miterben, gegebenenfalls aber auch von den weiteren Miterben, abzugeben, § 352a Abs. 4 FamFG.

Für die Kosten des Erbscheins wird vom Nachlassgericht nur derjenige Erbe herangezogen, der auch den Antrag gestellt hat.

Ein Miterbe kann sich aber auch darauf beschränken, anstatt eines gemeinschaftlichen Erbscheins nur einen so genannten Teilerbschein zu beantragen, § 2353 Hs. 2 BGB. Ein solcher Teilerbschein beschränkt sich in seiner Aussage auf den Erbteil des Antragstellers.

Besondere Handlungsfähigkeit verschafft ein solcher Teilerbschein dem Miterben nicht, da er für Verfügungen über einzelne Nachlasswerte in jedem Fall auf die Zustimmung der weiteren Mitglieder der Erbengemeinschaft angewiesen ist. Die Beantragung eines Teilerbscheins bietet sich aber dann an, wenn zwar weitere Miterben vorhanden sind, diese aber unbekannt oder nicht erreichbar sind. Auch wenn die Frage, ob die Erbschaft von den Miterben angenommen wurde oder wird, nicht klar ist, kann ein Miterbe alleine sinnvollerweise einen Teilerbschein beantragen. Eine Motivation für die Beantragung eines Teilerbscheins kann auch die Absicht des Miterben sein, seinen Erbteil veräußern zu wollen.


V. Angabe und notwendige Unterlagen

Privatschriftliche Testamente sind im Original beim Nachlassgericht zur Eröffnung abzuliefern.

Hat der Erblasser keine Verfügung von Todes wegen (Testament, Erbvertrag) hinterlassen, gilt die gesetzliche Erbfolge. Die Erben haben das Verhältnis anzugeben, auf dem ihr Erbrecht beruht (verwandtschaftliche Beziehung, Familienstand, Güterstand). Diese Angaben sind durch Vorlage folgender Urkunden (im Original oder in öffentlich beglaubigter Form) nachzuweisen:

Generell: Sterbeurkunde des Erblassers bzw. rechtskräftiger Todeserklärungsbeschluss

a) Bei verheiratetem Erblasser mit Kindern:

  • Geburtsurkunde des Erblassers
  • Heiratsurkunde der letzten Ehe
  • Geburts-/Adoptionsurkunden aller ehelichen, nichtehelichen bzw. adoptierten/angenommenen Kinder, auch aus evtl. früheren Ehen des Erblassers
  • Heiratsurkunden der Kinder bei Namensänderung
  • Sterbeurkunden bereits vorverstorbener Kinder. Falls diese schon Kinder haben, auch deren Geburtsurkunden
  • Soweit zwischen Erblasser und Ehegatten kein gesetzlicher Güterstand vorliegt, ist dieser zuzüglich zur Heiratsurkunde, durch Vorlage der öffentlichen Urkunde, durch beglaubigten Güterrechtsregisterauszug oder durch Bescheinigung des Güterrechtsregisters nachzuweisen.

b) Bei verheiratetem Erblasser ohne Kinder:

  • Geburtsurkunde des Erblassers
  • Heiratsurkunde der letzten Ehe
  • Sterbeurkunden evtl. bereits vorverstorbener Elternteile sowie die Geburtsurkunden sämtlicher Geschwister des Erblassers
  • Sterbeurkunden evtl. vorverstorbener Geschwister - falls diese Geschwister bereits eigene Kinder haben, deren Geburtsurkunde
  • Sind die Eltern, Geschwister und Geschwisterkinder (falls vorhanden) des Erblassers bereits vorverstorben, ist auch der Tod der Großeltern des Erblassers durch Sterbeurkunden nachzuweisen, um den überlebenden Ehegatten als Alleinerben auszuweisen
  • Bei weiblichen Erblassern sind immer auch die Geburtsurkunden nichtehelicher Kinder vorzulegen
  • Soweit zwischen Erblasser und Ehegatten kein gesetzlicher Güterstand vorliegt, ist dieser zuzüglich zur Heiratsurkunde, durch Vorlage der öffentlichen Urkunde, durch beglaubigten Güterrechtsregisterauszug oder durch Bescheinigung des Güterrechtsregisters nachzuweisen.

c) Bei ledigem Erblasser:

  • Geburtsurkunde des Erblassers
  • Geburts-, Abstammungs- bzw. Vaterschaftsanerkennungsurkunde der Kinder des Erblassers
  • Sind Kinder nicht vorhanden, dann ist die Geburtsurkunde des Erblassers und Sterbeurkunden evtl. vorverstorbener Elternteile, Geburtsurkunden aller Geschwister und falls solche schon vorverstorben sind, auch deren Sterbeurkunden und Geburtsurkunden von deren Kindern vorzulegen.

In allen Fällen der gesetzlichen Erbfolge sind die Verwandtschaftsverhältnisse zwischen dem Erblasser und den Erben lückenlos nachzuweisen. Bei männlichen Erblassern ist grundsätzlich die Vorlage von Abstammungs- bzw. Vaterschaftsanerkennungsurkunden für deren nichtehelichen Kinder erforderlich. Soweit diese Urkunden in einem Familienstammbuch oder Familienbuch zusammengefasst sind, genügt dessen Vorlage. Sind die erforderlichen Urkunden nicht zu beschaffen, so sind unbeteiligte (= nicht erbberechtigte) Zeugen zu benennen, die über die Verwandtschaftsverhältnisse des Erblassers aus eigenem Wissen Auskunft geben können und dies auch eidesstattlich versichern können.

War der Erblasser mehrmals verheiratet, sind die Auflösungen aller Ehen mittels Urkunden nachzuweisen (bei Scheidung: Scheidungsurteil oder Heiratsurkunde mit Scheidungsvermerk; bei Tod: Sterbeurkunde)

Zur Beschleunigung der Erteilung des Erbscheins kann es sinnvoll sein, dem Gericht zusammen mit dem Erbscheinantrag eine Aufstellung über das Nachlassvermögen einzureichen. Falls sich ein Unternehmen im Nachlass befindet oder der Wert des Vermögens aufgrund seiner Besonderheiten von Ihnen nur sehr schwer eingeschätzt werden kann, sollten Sie in Betracht ziehen, sich von einer fachkundigen Person beraten zu lassen (z.B. Steuerberater des Verstorbenen, Gutachter).

Wichtig: Bitte bringen Sie einen gültigen Personalausweis oder Reisepass zum Beurkundungstermin mit.


VI. Kosten

a) Erbscheinantrag über den Notar

Der Notar erhält für die Aufnahme eines Erbscheinantrags eine 1,0-Gebühr nach Nr. 23300 Anlage 1 GNotKG vom sog. Nachlasswert (Wert aller Nachlassgegenstände abzüglich der Verbindlichkeiten). Für die Schreibauslagen berechnet der Notar eine sog. Dokumentenpauschale (Faustregel: EUR 0,15 pro Seite, erfahrungsgemäß bewegen sich die Auslagen hier im Bereich um EUR 2,40.) Hinzu kommen die Auslagen wie Telefon und Porto (Post- und Telekommunikationspauschale) in Höhe von EUR 20,00, sowie die Umsatzsteuer von derzeit 19%.

Das Nachlassgericht erhebt für die Erteilung des Erbscheins nach Nr. 12210 Anlage 1 GNotKG ebenfalls eine 1,0-Gebühr. Ist ein Testament vorhanden wird dieses von Amts wegen durch das Nachlassgericht eröffnet. Hierfür fallen beim Nachlassgericht zusätzliche Kosten in Höhe von EUR 100,00 an (12101 Anlage 1 GNotKG).

b) Erbscheinantrag direkt beim Nachlassgericht

Für die Erteilung des Erbscheins wird vom Nachlassgericht eine 1,0 Gebühr nach Nr. 12210 Anlage 1 GNotKG (gem. Vorbemerkung 1.2.2 Abs. 1 Nr. 1 Anlage 1 GNotKG) erhoben. Im Rahmen der Beantragung des Erbscheins muss der Antragsteller regelmäßig beim Nachlassgericht eine eidesstattliche Versicherung hinsichtlich der Richtigkeit der von ihm gemachten Angaben abgeben. Für die vom Nachlassgericht vorzunehmende Beurkundung dieser eidesstattlichen Versicherung entsteht neben der Gebühr für die Erteilung des Erbscheins eine weitere 1,0-Gebühr nach Nr. 23300 Nr. 1 Anlage 1 GNotKG (Vorbem. 1.2 Abs. 2). Beim Erbscheinsantrag vor dem Nachlassgericht fällt - im Gegensatz zum notariellen Erbscheinsantrag - keine Mehrwertsteuer an. Dafür müssen Sie beim Notar keine langen Wartezeiten in Kauf nehmen.

Ist ein Testament vorhanden wird dieses von Amts wegen durch das Nachlassgericht eröffnet. Hierfür fallen beim Nachlassgericht zusätzliche Kosten in Höhe von EUR 100,00 an (12101 Anlage 1 GNotKG).

Tipp: Die notarielle Verfügung von Todes wegen (Testament, Erbvertrag) ersetzt den Erbschein und spart Ihren Erben erhebliche Kosten. Ein Erbschein kostet den Erben nämlich doppelt so viel, wie Sie ein notarielles (Einzel-) Testament gekostet hätte! Von daher ist die rechtzeitige Errichtung einer notariellen Verfügung oft deutlich günstiger als das Zuwarten oder das Ausweichen auf das nur vermeintlich kostenlose private Testament. Auch das Testament beim Anwalt kann die Erbscheinkosten nicht sparen.

Beispiel:

Bei einem Nachlasswert von EUR 100.000 erhält der Notar für die Aufnahme des Erbscheinantrags eine Gebühr in Höhe von EUR 273,00 zzgl. Dokumentenpauschale (EUR 0,15 pro Seite) und Post- und Telekommunikationspauschale in Höhe von EUR 20,00 sowie 19% Umsatzsteuer.

Für die Erteilung des Erbscheins fällt nochmals eine Gebühr in Höhe von EUR 273,00 beim Nachlassgericht an, insgesamt daher eine Gesamtgebühr in Höhe von EUR 546,00.


VII. Abschließende Hinweise

1. Dieser Ratgeber kann nur einige der wichtigsten Punkte schlagwortartig ansprechen. Für zusätzliche rechtliche Erläuterungen stehen der Notar oder der Rechtsanwalt zur Verfügung.

2. Dieser Ratgeber wurde mit größter Sorgfalt erstellt; gleichwohl kann für dessen Inhalt und die Richtigkeit der getroffenen Aussagen keine Gewähr übernommen werden.


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Als Notare in Pinneberg beraten wir Sie gern bei der Beantragung eines Erbscheins. Nehmen Sie einfach Kontakt zu uns auf. 

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