Ratgeber: Besitzübergang bei Immobilienkaufverträgen
Notare Pinneberg · Mallick Reski Partner
I. Erläuterung der Begriffe "Eigentum" und "Besitz"
In Immobilienkauf-, Schenkungs- oder Überlassungsverträgen finden sich stets die Begriffe "Eigentum" und "Besitz". Obwohl beide Begriffe in der Alltagssprache oft gleichbedeutend verwendet werden, haben sie im juristischen Sprachgebrauch eine ganz unterschiedliche Bedeutung. So lässt sich nur der Eigentümer aus dem Grundbuch ersehen, nicht jedoch der Besitzer. Auf der anderen Seite ist gerade die Eintragung im Grundbuch unabdingbare Voraussetzung für den Eigentumserwerb, nicht jedoch für den Besitzerwerb.
Ratgeber: Kauf einer Immobilie Kontakt aufnehmen
Unter Eigentum versteht man die formale Rechtsposition, die es einer Person erlaubt, über den entsprechenden Gegenstand zu verfügen, z.B. durch Verkauf oder Belastung (z.B. mit Grundschulden). Bei Grundstücken ergibt sich der Eigentümer aus dem Grundbuch. Eigentum an einer Immobilie wird übertragen durch Einigung mit dem bisherigen Eigentümer über die Rechtsänderung (sog. "Auflassung") und Eintragung im Grundbuch aufgrund eines notariell beurkundeten Vertrages.
Besitz stellt hingegen die tatsächliche Sachherrschaft dar, d.h. Besitzer ist derjenige, der eine Sache in seinem Herrschaftsbereich hat. Dies muss nicht zwingend der Eigentümer sein. Der Mieter eines Hauses z.B. ist (unmittelbarer) Besitzer des Hauses, aber nicht Eigentümer. Besitzer eines Grundstückes wird jemand in aller Regel durch Übergabe des Grundstücks (bei einem bebauten Grundstück also mit Schlüsselübergabe). Bei einem vermieteten Objekt liegt der unmittelbare Besitz vor und nach dem Kauf beim Mieter. Zu dem im Vertrag geregelten Zeitpunkt (i.d.R. die Zahlung des Kaufpreises) geht dann der sog. "mittelbare Besitz" auf den Käufer über. Darunter versteht man das Recht, unter bestimmten Umständen die Herausgabe des Objektes vom unmittelbaren Besitzer (z.B. Mieter) verlangen zu können, z.B. nach Beendigung eines Mietverhältnisses.
II. Vertragliche Regelungen
In Immobilienkauf-, Schenkungs- oder Überlassungsverträgen liest man oftmals folgende oder eine ähnliche Formulierung:
"Besitz, Nutzung, Lasten und Gefahren einschließlich der Verkehrssicherungspflicht gehen am Übergabestichtag auf die Erwerber über. Als Übergabestichtag wird der …. (z.B. erste Tag nach Kaufpreiszahlung) vereinbart."
Dieser Passus regelt, wem das Kaufobjekt zu welchem Zeitpunkt wirtschaftlich zugerechnet wird, d.h. wer die Nutzungen (z.B. Mieterträge etc.) für sich verwenden kann und wer die Kosten (z.B. Grundsteuer, Versicherungsbeiträge etc.) zu tragen hat. Diese Regelung ist unabhängig vom Übergang des Eigentums, da kaum jemand auf das zufällige und zumindest hinsichtlich des genauen Termins unkalkulierbare Datum abstellen will, an dem das Grundbuchamt die Eigentumsumschreibung vornimmt. Der Besitzübergang erfolgt i.d.R. vor dem Eigentumsübergang, d.h. vor Umschreibung des Eigentums im Grundbuch.
Der Zeitpunkt des Übergangs von "Besitz, Nutzungen und Lasten" ist auch für die steuerliche Betrachtungsweise (den Zeitpunkt der "Anschaffung") entscheidend. Man spricht in diesem Zusammenhang auch von "wirtschaftlichem Eigentum". Dieser Begriff ist verwirrend und meint nichts anderes als die wirtschaftliche Nutzungsmöglichkeit bzw. wirtschaftliche Verantwortung für ein Objekt als Eigentümer, d.h. das Objekt wird für "eigene" Rechnung und nicht für einen Dritten (z.B. Alteigentümer) verwaltet. Nach der obigen Formulierung kann der Käufer ab dem Übergang von Besitz und Nutzungen das Objekt beziehen, es vermieten oder damit tun, was er für richtig hält. Er kann auch bereits Umbaumaßnahmen vornehmen. Hierbei sollte er jedoch beachten, dass der Kaufvertrag noch nicht voll erfüllt ist und er dementsprechend noch nicht Eigentümer im Grundbuch ist. Sollte der Kaufvertrag also aus irgendwelchen Gründen doch noch scheitern, könnte sich bei getätigten Umbaumaßnahmen Streit darüber ergeben, ob z.B. Aufwendungsersatz durch den Alteigentümer oder Schadensersatz wegen Maßnahmen, die nicht im Interesse des Eigentümers sind, oder wegen aus dessen Sicht nicht ordnungsgemäßer Verwaltung zu leisten ist.
III. Übergang der Lasten und der Versicherungen
Der Zeitpunkt des Übergangs der Lasten regelt, ab wann der Käufer die Lasten des Grundstücks zu tragen hat (z.B. Grundsteuer, Versicherungsbeiträge, Betriebskostenzahlungen an die Wohnungseigentümergemeinschaft etc.). Hierbei sind folgende Besonderheiten zu berücksichtigen:
1. Die Grundsteuer wird von der Gemeinde für das Kalenderjahr festgesetzt. Zur Zahlung fällig ist sie bei höheren Beträgen vierteljährlich am 15.2., 15.5., 15.8. und 15.11. in Höhe je eines Viertels des Jahresbetrages.
Beträgt der Grundsteuerjahresbetrag mehr als 15 Euro und weniger als 30 Euro, wird dieser am 15. Februar und 15. August je zur Hälfte fällig. Beträgt der Grundsteuerjahresbetrag nicht mehr als 15 Euro, wird dieser am 15. August in voller Höhe fällig (vgl. § 28 GrStG). Abweichend von den beiden erstgenannten Fälligkeiten kann auf Antrag des Steuerschuldners die Grundsteuer am 1. Juli in einem Jahresbetrag entrichtet werden. Dieser Antrag muss spätestens bis zum 30. September des vorangegangenen Kalenderjahres gestellt werden. Die so beantragte Zahlungsweise bleibt auch für die Folgejahre gültig, es sei denn, die Änderung wird bis zum 30. September für das folgende Jahr beantragt.
Steuerschuldner für das gesamte Kalenderjahr ist somit noch der Verkäufer. Der Käufer hat den Verkäufer jedoch für die Zeit ab Lastenübergang von der Zahlungspflicht freizustellen bzw. ihm die gezahlten Beträge für den Zeitraum ab Lastenübergang zu erstatten. Dies kann z.B. in der Weise erfolgen, dass der Verkäufer hinsichtlich des Quartals, in dem der Lastenübergang erfolgt, noch die gesamte Quartalssumme an die Gemeinde zahlt, während der Käufer dem Verkäufer anteilig den Betrag erstattet, der auf die Tage dieses Quartals entfällt, die nach dem Lastenübergang liegen, und der Käufer die für die folgenden Quartale fällig werdenden Zahlungen unter Angabe der Verkäuferdaten (insbesondere dessen Steuernummer) an die Gemeinde zahlt. Zu diesem Zweck empfiehlt es sich, einen eventuell vom Verkäufer erteilten Dauerauftrag zu löschen oder eine entsprechende Einzugsermächtigung zu widerrufen und stattdessen den Käufer zu veranlassen, einen entsprechenden Dauerauftrag bzw. eine Einzugsermächtigung auf seinem Konto zu erteilen. Auch zum nächsten Kalenderjahr wird der Käufer nur dann Schuldner der Grundsteuer, wenn die Eigentumsumschreibung noch im alten Kalenderjahr durch das Grundbuchamt vorgenommen wurde.
Manche Gemeinden bieten an, bei einer einvernehmlichen Beantragung beider Vertragsparteien vorzeitig die Umstellung vorzunehmen. Ein Anspruch auf einen solchen Service der Gemeinde besteht nicht.
2. In gleicher Weise kann hinsichtlich der Prämienzahlungen etwaiger Gebäudeversicherungen verfahren werden, wenn diese nicht ohnehin gekündigt oder in veränderter Form vom Käufer neu abgeschlossen werden sollen (vgl. hierzu ausführlich unten). Die Fälligkeitstermine der Prämien ergeben sich aus dem Versicherungsvertrag.
Bestehende Gebäudeschadensversicherungen wie z.B. die Brandversicherung, die Sturm- und Leitungswasserversicherung ("verbundene Gebäudeversicherung"), ggf. mit Elementarschadensschutz (Erdrutsch, Überschwemmungen etc.) gehen kraft Gesetzes auf den Käufer über.
Von Gesetzes wegen übergegangene Versicherungsverhältnisse können die Käufer jedoch innerhalb eines Monats nach Eigentumsumschreibung (nicht nach Besitzübergang (!)) kündigen, wahlweise mit sofortiger Wirkung oder zum Ablauf des Versicherungsjahres (vgl. § 96 Abs. 2 VVG). Da das gleiche Recht der Versicherungsgesellschaft zusteht (vgl. § 96 Abs. 1 VVG), ist dieser der Eigentumswechsel unverzüglich anzuzeigen (§ 97 VVG) (anderenfalls könnte sie in einem späteren Schadensfall die Zahlung verweigern). Die Kündigungsmöglichkeit kann auch zum Anlass genommen werden, die Versicherung auf die Bedürfnisse des Käufers anzupassen (hinsichtlich versicherter Tatbestände, Versicherungssumme etc.) oder zu einem anderen Anbieter zu wechseln. Zwar besteht (anders als bei der Pkw-Haftpflicht) kein Versicherungszwang, wegen des hohen drohenden Schadens ist allerdings der Abschluss derartiger Versicherungen geradezu unverzichtbar.
3. Unter "Gefahr" versteht man unter anderem das Risiko, dass das Vertragsobjekt zerstört oder beschädigt wird (Sachgefahr). Dieses Risiko bleibt nach obiger Formulierung bis zur Kaufpreiszahlung beim Verkäufer. Realisiert sich das Risiko also vor Kaufpreiszahlung z.B. durch höhere Gewalt (Blitzschlag oder Ähnliches), kann der Käufer den Kaufpreis (in entsprechender Höhe) zurückhalten. Realisiert sich ein solches Risiko nach Besitzübergang, trifft es den Käufer.
4. Die "Verkehrssicherungspflicht" umfasst z.B. die Verpflichtung zur Schneeräumung im Winter sowie alle Vorkehrungen, die notwendig sind, damit kein Dritter durch das Objekt oder seinen Zustand zu Schaden kommt, also auch die regelmäßige Untersuchung der Standsicherheit von Bäumen.
Soweit für das Objekt eine objektbezogene Haftpflichtversicherung besteht, geht diese nach herrschender Meinung wie die Gebäudeversicherung ebenfalls automatisch auf den neuen Eigentümer über. Da die Gesetzeslage insoweit aber unklar ist und oft vertreten wird, dass es einen automatischen Übergang der objektbezogenen Haftpflichtversicherung nicht gibt, ist es vorsorglich ratsam, sich bei dem Versicherungsunternehmen nach deren Rechtsauffassung zu erkundigen und entsprechend zu handeln.
Aber auch hier ist zu beachten: Die vorstehenden Regelungen betreffen nur das Verhältnis der Vertragsparteien untereinander. Soweit eine gesetzliche Eigentümerhaftpflicht besteht, bleibt der grundbuchliche Eigentümer in der Haftung. Der Besitzer muss aufgrund der vertraglichen Bestimmungen die Angelegenheit regeln und entsprechende Schäden verhindern bzw. regulieren. Der Veräußerer hat insoweit bis zur Eigentumsumschreibung aber die Stellung eines Bürgen. Er sollte also im eigenen Interesse sicherstellen, dass die Eigentümerhaftpflichtversicherung bis zur Eigentumsumschreibung bestehen bleibt.
Bei privat selbstgenutzten Objekten wird in der Regel eine solche objektbezogene Haftpflichtversicherung nicht abgeschlossen, da die allgemeine Privathaft-pflichtversicherung vielfach ohne Mehrkosten dieses Risiko mit abdeckt. In diesen Fällen kann unklar sein, ob die Privathaftpflichtversicherung für nach Besitzübergang, aber vor Eigentumsumschreibung entstehende Haftpflichtfälle noch aufkommt, da es dann an der Eigennutzung des Verkäufers fehlt, die oft Voraussetzung für den Versicherungsschutz ist. Wenn der Käufer seinerseits Haftpflicht versichert ist und seine Versicherung schon dafür einsteht, ist dies unproblematisch. Kommt die Haftpflichtversicherung des Käufers (wegen fehlenden Einzuges nur noch nicht) für die Schäden Dritter auf und kann der Käufer den Schaden nicht regulieren, besteht für den Zeitraum des Besitzübergangs bis zur Eigentumsumschreibung möglicherweise ein Risiko für den Verkäufer.
Bei Eigentumswohnungen dürfte sich das Problem nicht stellen, da hier in der Regel die Wohnungseigentümergemeinschaft Versicherungsnehmer ist und der Versicherungsvertrag durch die Veräußerung einer einzelnen Wohnung nicht berührt wird.
5. Bei den Erschließungskosten/-beiträgen sind die gesetzlichen Regelungen in sich widersprüchlich. Gegenüber dem Erschließungsträger haftet nach den entsprechenden Kommunalabgabengesetzen des öffentlichen Rechts der bei Fälligkeit eingetragene Eigentümer. Nach Eigentumsumschreibung haftet der neue Eigentümer zusätzlich für die beim Voreigentümer fällig gewordenen Verpflichtungen. Nach den zivilrechtlichen Bestimmungen des BGB (vgl. § 436 Abs. 1 BGB) ist der Verkäufer eines Grundstücks verpflichtet, Erschließungsbeiträge und sonstige Anliegerbeiträge für die Maßnahmen zu tragen, die bis zum Tage des Vertragsschlusses (Tag der Beurkundung) bautechnisch begonnen sind, unabhängig vom Zeitpunkt des Entstehens der Beitragsschuld (Zugang des Bescheides über die Erschließungskosten).
IV. Besitzübergang bei einer vermieteten Immobilie
Sollte das Kaufobjekt vermietet sein, bleibt das Mietverhältnis kraft Gesetzes bestehen und ist vom Käufer als künftigem Vermieter zu übernehmen. Bis zum Eigentumsübergang (also der Umschreibung im Grundbuch) übt nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch noch der Verkäufer die Funktion des Vermieters aus.
Für den Mieter ändert sich hinsichtlich der Nebenkostenabrechnung grundsätzlich nichts. § 566 BGB beinhaltet den Grundsatz: "Kauf bricht nicht Miete" und bestimmt ausdrücklich, dass ein Eigentümerwechsel keine Auswirkungen auf einen bestehenden Mietvertrag hat. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der neue Eigentümer Kenntnis vom Mietverhältnis hat oder ob er den Eintritt in das Mietverhältnis überhaupt will. Der neue Eigentümer tritt als Vermieter in das Mietverhältnis mit dem Mieter ein. Er kann es nicht einseitig verändern und ist an die Bestimmungen des Mietvertrages und an die Vereinbarungen zum Mietzins und Nebenkostenabrechnung gebunden. Ausnahme: hat der Vermieter aus mietvertragsfremden Erwägungen (Verwandtschaftsverhältnis) auf die Nebenkostenabrechnung verzichtet, ist der neue Eigentümer an diese Sondervereinbarung nicht gebunden (LG Wiesbaden, ZMR 2002, 278).
Ist eine Kaution gestellt, so haftet auch der Verkäufer weiter für deren spätere Rückzahlung (samt Zinsen) (§ 566a BGB), es sei denn, er hat dem Mieter angezeigt, dass in Zukunft der Käufer die Kaution verwaltet, und der Mieter entlässt den Verkäufer aus der genannten Haftung. Wenn der Mieter nicht zustimmt, bleibt für den Verkäufer nur die Möglichkeit, diese vorzeitig auszuzahlen, wenn er mit der Objektverwaltung in keiner Weise mehr betraut sein will. Ob der Mieter aufgrund des Mietvertrages eine neue Kaution stellen muss, wenn er das Mietverhältnis seinerseits mit dem neuen Eigentümer fortsetzen will, wird von verschiedenen Gerichten unterschiedlich beurteilt. Eine Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu dieser Frage, ist mir nicht bekannt.
Leistet der Mieter neben der Kaltmiete eine Nebenkostenvorauszahlung und wird über die Nebenkosten nach Ablauf des Kalenderjahres abgerechnet, so sind folgende Besonderheiten zu beachten:
Der Eigentümerwechsel kann innerhalb verschiedener Zeitpunkte in der Nebenkosten-Abrechnungsperiode erfolgen. Grundsätzlich gilt, dass derjenige Eigentümer abrechnungspflichtig ist, der im Zeitpunkt des Entstehens des Abrechnungsanspruchs Eigentümer ist und damit die Vermieterstellung innehat.
1. Eigentümerwechsel erfolgt innerhalb eines laufenden Nebenkosten-Abrechnungszeitraums: Es gilt die Regelung "Kauf bricht nicht Miete". Ein interner Ausgleich zwischen altem und neuem Eigentümer braucht den Mieter nicht zu interessieren. Weder alter, noch neuer Eigentümer können vom Mieter eine Zwischenabrechnung verlangen. Der Mieter muss allenfalls eine Ablesung der Zählerstände dulden, um den internen Kostenausgleich zu ermöglichen (BGH, ZMR 2001,17).
Die Abrechnungspflicht umfasst immer den gesamten Abrechnungszeitraum. Eine auf den Zeitpunkt des Eigentumsübergangs bezogene Aufteilung der Nebenkostenabrechnung ist nicht möglich. So kommt es nicht darauf an, ob die Nebenkosten ganz oder teilweise vor dem Eigentumsübergang entstanden sind. Unerheblich ist auch, welcher Eigentümer die Vorauszahlungen des Mieters vereinnahmt hat.
Da das Gesetz vorgibt, dass die Nebenkostenabrechnung erst nach dem Ende des Abrechnungszeitraumes von zwölf Monaten erfolgen darf und erst dann der Anspruch des Mieters auf die Nebenkostenabrechnung entsteht, ist zur Erstellung der Nebenkostenabrechnung der neue Vermieter verpflichtet. Ihm stehen auch eventuelle Nachzahlungen zu, ebenso ist er zur Erstattung von Überzahlungen verpflichtet, da auch diese Ansprüche nach Ablauf des Abrechnungszeitraumes erst entstehen (OLG Naumburg, NZM 1998, 806). Intern muss der frühere Eigentümer dem neuen Eigentümer alle Informationen überlassen, die für die Erstellung der Nebenkostenabrechnung erforderlich sind (BGH, ZMR 2001, 19).
2. Eigentümerwechsel erfolgt nach Ablauf eines Nebenkosten-Abrechnungszeitraums: Hier sind die Ansprüche auf Nebenkostenabrechnung, Nachzahlungen oder Erstattungen bereits in der Besitzzeit des Alteigentümers abschließend entstanden, so dass dieser als früherer Vermieter abrechnungspflichtig bleibt (BGH, Urteil vom 14. September 2000, Az: III ZR 211/99, OLG Düsseldorf NJW-RR 1994, 1101 f.). Deshalb darf der Mieter gegenüber dem neuen Vermieter keine Vorauszahlungen zurückbehalten, wenn der frühere Vermieter nicht rechtzeitig die Nebenkostenabrechnung erteilt (BGH, ZMR 2001,18). Auch kann er einen eventuellen Erstattungsanspruch gegen den Alteigentümer nicht gegen die dem neuen Eigentümer zustehende Miete aufrechnen (BGH, ZMR 2004, 251).
Anders ist die Rechtslage bei der Erbfolge. Hier tritt der Erbe in die Rechtsstellung des Erblassers als Vermieter ein und muss alle Verpflichtungen erfüllen, die der Erblasser gegenüber dem Mieter auch hätte erfüllen müssen.
3. Eigentümerwechsel nach Beendigung des Mietverhältnisses: Endet das Mietverhältnis, bleibt der bisherige Eigentümer als Vermieter zur Nebenkostenabrechnung verpflichtet, wenn er die Immobilie verkauft. Der Mieter hat mit dem neuen Eigentümer nichts zu tun.
4. Übliche interne Vereinbarungen zwischen Verkäufer und Käufer hins. Erstellung der Nebenkostenabrechnung: Verkäufer und Käufer können die Frage der Abrechnungspflicht und des Kostenausgleichs intern regeln. Im Außenverhältnis zum Mieter verbleibt es bei den oben dargestellten Grundsätzen. Es ist sinnvoll, wenn Verkäufer und Käufer den Stand der Nebenkostensituation festhalten, insbesondere die vom Mieter geleisteten Vorauszahlungen erfassen. Vielfach wird vereinbart, dass der neue Vermieter bei einem Verkauf während eines laufenden Abrechnungszeitraums in Absprache mit dem früheren Vermieter für diesen die Nebenkostenabrechnung erstellt.
Wichtig ist, dass der neue Eigentümer alle Unterlagen und Informationen erhält, die er für die Erstellung der Nebenkostenabrechnung benötigt. Der frühere Vermieter kann seine Nachzahlungsansprüche an den neuen Vermieter abtreten. Ergeben sich Erstattungsansprüche des Mieters, bleibt dann aber nach wie vor der frühere Vermieter im Außenverhältnis zum Mieter zahlungsverpflichtet.
Folgende interne Regelungen zwischen Verkäufer und Käufer sind denkbar:
- Zum einen kann eine Zwischenablesung der Zählerstände hinsichtlich der verbrauchsabhängigen Nebenkosten vorgenommen werden. Aufgrund dieser Zwischenablesung kann der Verkäufer eine Abrechnung für die bis dahin angefallenen Nebenkosten vornehmen. Er verrechnet sodann die tatsächlich geschuldeten Nebenkosten mit den bis dahin vom Mieter geleisteten Vorauszahlungen und gleicht die Differenz mit diesem aus. Der Käufer erhält die Vorauszahlungen für die folgenden Monate und rechnet mit dem Mieter aufgrund der üblichen Ablesungen am Jahresende ab. Problematisch ist hierbei, dass die verbrauchsunabhängigen Umlagepositionen bei Eigentumswohnungen von der Hausverwaltung i.d.R. als Jahresbeträge ermittelt werden und damit zum Zeitpunkt der Zwischenabrechnung noch nicht zur Verfügung stehen, so dass Verkäufer und Käufer wohl erst nach Ablauf des Kalenderjahres ihre je getrennten Abrechnungen erteilen können.
- Alternativ kann derjenige die Abrechnung vornehmen der am Jahresende mittelbarer Besitzer (der unmittelbare Besitzer bleibt ja der Mieter) der Immobilie ist. Ist dies noch der Verkäufer, sind keine Besonderheiten zu berücksichtigen. Ist dies jedoch bereits (nach Zahlung des fällig gewordenen Kaufpreises) der Käufer, hat der Verkäufer etwaige von ihm bezogene Vorauszahlungen an den Käufer herauszugeben, soweit sie die vom Verkäufer bereits getragenen (bei ihm abgebuchten) Nebenkosten des Mieters übersteigen. Die gesamte Jahresabrechnung wird dann allein vom Käufer vorgenommen.
§ 566 II BGB begründet zum Schutz des Mieters vor einem zahlungsunfähigen Neueigentümer eine Bürgenhaftung des früheren Eigentümers. Diese gilt nicht, wenn der Alteigentümer als Verkäufer den Mieter über den Eigentümerwechsel informiert und der Mieter von seinem ordentlichen Kündigungsrecht zum ersten Termin keinen Gebrauch macht. In diesem Fall vermutet das Gesetz, dass sich der Mieter mit dem Neueigentümer als neuem Vertragspartner abgefunden hat. Möchte der Alteigentümer eine solche Bürgenhaftung vermeiden, muss er den Mieter nachweisbar vom Eigentumsübergang informieren. Er kann die Mitteilung erst nach dem Eigentumsübergang erteilen. Belehren muss er den Mieter nicht.
Das Recht der Kündigung wegen Eigenbedarfs steht dem Käufer trotz einer solchen Vollmacht jedoch erst ab Eigentumsübergang zu. Handelt es sich bei dem Objekt um eine Eigentumswohnung, ist weiter zu beachten, dass unter bestimmten Umständen für den Mieter ein Vorkaufsrecht besteht (vgl. § 577 BGB).
V. Durchführung des Besitzwechsels bei eigengenutzter Immobilie
Mit dem Besitzwechsel ist bei eigengenutzten Immobilien meistens auch ein Umzug auf Käufer- und/oder Verkäuferseite verbunden. Dieser erfordert eine langfristige Planung und rechtzeitige Vorbereitung. Die folgenden Punkte sollen – ohne Anspruch auf Vollständigkeit – als Gedächtnisstütze einen Überblick über die zu regelnden Angelegenheiten bieten:
Bei selbstbewohnten Objekten sollten Sie am Tag der Schlüsselübergabe die Einheitenzähler für Strom, Wasser, Gas, Heizung, etc. ablesen und die entsprechenden Firmen (Stadtwerke; Gas- und Stromanbieter etc.) über den Bewohnerwechsel informieren sowie die Zählerstände mitteilen. Soweit eine Ablesung durch die Firma selbst erforderlich ist, sollte rechtzeitig ein Termin mit dieser vereinbart werden.
Nachsendeaufträge bei der Post sind empfehlenswert, damit auch Sendungen solcher Absender Sie erreichen, die Sie nicht (rechtzeitig) über den Anschriftenwechsel informiert haben. Sie können zwischen einem Nachsendezeitraum von 6 Monaten und von 12 Monaten wählen. Um einen reibungslosen Ablauf der Nachsendung zu gewährleisten, ist der Nachsendeauftrag 2 bis 3 Wochen vor dem geplanten Umzug zu stellen. Bis zum Ablauf der Nachsendefrist sollten Sie dann in jedem Fall alle Stellen und Personen benachrichtigt haben, von denen Post zu erwarten ist. Bei der Post erhalten Sie auch vorbereitete Postkarten zur Mitteilung der Adressänderung. Im Hinblick auf die neuen privaten Postdienste kann es sinnvoll sein, auch bei diesen einen entsprechenden Nachsendeauftrag auszulösen. Auf diese oder ähnliche Weise können Sie Verwandte und Freunde von Ihrer neuen Adresse in Kenntnis setzen. Weiterhin sollten sie die neue Adresse Banken, Versicherungen, Geschäftspartnern, Arbeitgeber, Versorgungseinrichtungen, Zeitschriftenzustellern (Zeitschriften werden vom Post-Nachsendeauftrag nicht erfasst!!), Zeitungsverlagen (insbesondere bei eigenen Zustellern), Ärzten, ggf. auch dem Finanzamt, Arbeitsamt, Kindergarten, Schule, der BaföG-Stelle, dem Mobiltelefondienst, und der GEZ (auch per Internet über die Website www.gez.de unter der Rubrik "umgezogen"), Bausparkasse, Krankenkasse mitteilen.
Ggf. sind Mitgliedschaften in Vereinen (auch Bücherclub oder Bibliothek) oder Abonnements (Theater, Konzert) oder Wartungsverträge zu kündigen oder der Adresswechsel mitzuteilen.
Ggf. sollte man an die Abbestellung der Tageszeitung und der Bestellung einer neuen Zeitung im neuen Zuhause denken oder aber bei der Tageszeitung die Versendung an die neue Adresse bewirken.
Die Banken bieten oftmals einen Umzugsservice an, mit dem Sie Ihr Konto zu einer anderen Bank verlegen können. Die Bank berät Sie in der Regel auch in allen weiteren bankbezogenen "Umzugsfolgen".
Beim Umzug innerhalb derselben Gemeinde ist eine Ummeldung im Einwohnermeldeamt zu veranlassen. Findet durch den Umzug ein Wechsel der Gemeinde statt, müssen Sie sich in Ihrer bisherigen Gemeinde abmelden und in Ihrer neuen Gemeinde anmelden. Der Besuch des Einwohnermeldeamtes zu diesen Zwecken kann bei manchen Gemeinden unter Umständen viel Zeit in Anspruch nehmen. Verfügen Sie über einen Internetzugang samt Druckeinrichtung, so können Sie die entsprechenden Formulare oftmals von der Homepage der entsprechenden Gemeinde herunterladen, ausfüllen, ausdrucken, unterschreiben und entweder persönlich oder durch einen schriftlich Bevollmächtigten bei der Gemeinde zusammen mit Ihren Ausweispapieren (Personalausweis und Reisepass) einreichen.
Kfz-Kennzeichen können unabhängig vom Wohnort behalten werden. Aber auch hier ist der Adresswechsel zu melden. Hierfür sind der Kfz-Zulassungsstelle folgende Dokumente vorzulegen: Ausweisdokument des Halters (Personalausweis, Reisepass oder Führerschein), Fahrzeugbrief (bei zulassungsfreien Fahrzeugen Betriebserlaubnis) und Fahrzeugschein.
Weiterhin ist der Telefonfestnetzanschluss in der alten Wohnung abzumelden und in der neuen Wohnung anzumelden.
Weitere gewerbliche Informationen zum Umzug erhalten Sie auch über das Internet, z.B. unter www.ummelden.de. (Für die Richtigkeit und die Zweckmäßigkeit der Angaben auf dieser gewerblichen Internetadresse kann ich nicht haften, da ich mit dem Anbieter keinerlei Beziehungen unterhalte.)
VI. Besonderheiten bei der Veräußerung von Wohnungseigentum
Der Verwalter ist im Interesse beider Vertragsparteien von der Veräußerung zu informieren. Meistens rechnet er bezogen auf den Besitzübergang zum Jahresende die Zahlungen der Vertragsparteien gegenüber der Wohnungsgemeinschaft gegeneinander ab.
Die vom Veräußerer in der Vergangenheit gezahlten Wohngelder (Hausgelder) gehen auf den Erwerber über, soweit sie noch vorhanden sind (z.B. in Form von Instandhaltungsrücklagen). Der auf die anteilig mitübertragene Rücklage entfallende Kaufpreisteilbetrag wird übrigens nicht zur Grunderwerbsteuer veranlagt, sollte also in der Urkunde – soweit bekannt – ausgewiesen werden.
Für Hausgeldrückstände des Veräußerers haftet der Erwerber grds. nicht, außer
- die Gemeinschaftsordnung legt eine solche Haftung fest (dies ist sehr häufig der Fall) oder
- der Beschluss gemäß § 28 Abs. 5 WEG, der die Zahlungspflicht begründet, wurde erst nach Eigentumsumschreibung auf den Käufer gefasst, mag er auch vergangene Zeiträume betreffen (z.B. eine Jahresabrechnung mit Nachzahlungsbetrag) oder
- der Beschluss wurde zwar noch vor Eigentumserwerb des Käufers gefasst, die Fälligkeit tritt jedoch erst danach ein.
Zur Vorsicht empfehlen sich Erkundigungen beim WEG-Verwalter.
Da das Stimmrecht in der Wohnungseigentümerversammlung an die formale Eigentümerstellung geknüpft ist, sollte ab Besitzübergang eine Stimmrechtsvollmacht des Verkäufers an den Käufer erwogen werden, sofern die Gemeinschaftsordnung dies zulässt.
Außerdem ist zu beachten: Der vereinbarte Besitzübergang ist im Verhältnis von Veräußerer und Erwerber allein maßgeblich. Bei ordnungsgemäßem Vollzug wird auch die Wohnungseigentümergemeinschaft entsprechend abrechnen.
Da die Wohnungseigentümergemeinschaft am Immobilienkauf-, Schenkungs- oder Überlassungsvertrag nicht beteiligt ist, hat sie (in der Regel) weder Anspruch auf Kenntnis vom Vertrag noch kann sie an diesem mitwirken. Außerdem können die Vertragsparteien den Vertrag jederzeit aufheben. Dies bedeutet, dass die Wohnungseigentümergemeinschaft als Mitglied im Streitfall nur akzeptieren und belangen kann, wer als Eigentümer im Grundbuch eingetragen ist. In der Konsequenz bedeutet dies: Bis zur Eigentumsumschreibung haftet der Veräußerer der Wohnungseigentumsgemeinschaft bis zur Eigentumsumschreibung im Grundbuch.
Daher vereinbaren Verkäufer und Käufer im Kaufvertrag, dass vom (Besitz-)Übergabetag an der Käufer das Wohngeld monatlich an den Verwalter zahlt. Insoweit vereinbaren die Vertragsparteien einen Schuldbeitritt des Käufers hinsichtlich der bis zum Eigentumsübergang weiter bestehenden Zahlungsverpflichtung des Verkäufers gegenüber der Wohnungseigentümergemeinschaft.
XI. Abschließende Hinweise
1. Dieser Ratgeber kann nur einige der wichtigsten Punkte schlagwortartig ansprechen. Für zusätzliche rechtliche Erläuterungen stehen der Notar oder der Rechtsanwalt zur Verfügung.
2. Dieser Ratgeber wurde mit größter Sorgfalt erstellt; gleichwohl kann für dessen Inhalt und die Richtigkeit der getroffenen Aussagen keine Gewähr übernommen werden.
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